Reisetagebuch
von Whitehorse bis Smithers

Montag, 26. August 2013

Unsere erste Nacht in Kanada haben wir im Radisson Hotel Vancouver Airport verbracht. Nach einem tollen (fleischlastigen) Nachtessen im BBQ/Canadian-Style hat es uns aus den Socken und ins Bett gehauen. Der Jetlag forderte Tribut.

Die Reise von Vancouver nach Whitehorse verging dann wie im Fluge - jetzt in einem etwas kleineren Jet (Embraer 190). Statt einer guten Übersicht aus einigen tausend Metern Höhe über unsere bevorstehende Reiseroute, haben wir wetterbedingt die spannenden Wolkenformationen bewundert. Dazwischen gab es spärliche Durchblicke auf die Rocky Mountains mit einigen schneeweissen Bergspitzen, diversen Gewässer und die endlose Wildnis.

Whitehorse mit 25'000 Einwohner Kanada's grösste Stadt nördlich des 60. Breitengrades, liegt noch rund 500 km unterhalb des Polarkreises. Alaska-Highway und Yukon-River sind magische Stichwörter zu diesem spannenden Ort. Wir haben uns bereits vor der Abreise entschieden, auf noch nördlicher liegende Verlockungen zu verzichten. Ideen und Gelegenheiten gibt es zwar viele, aber das gilt auch für die südlicheren Gefilde, und diese sollen in den nächsten fünf Wochen im Mittelpunkt stehen.

Canadream unser Mobilhome-Vermieter holt uns am Flughafen ab. Wir werden seriös und trotzdem völlig locker-flockig auf unsere Reise vorbereitet. Nach einigen gewünschten Erklärungen zu Whitehorse und Umgebung setzen wir unser Wohnmobil in Bewegung. Vielleicht ist übrigens "Motorhome" doch die adäquatere Bezeichnung. Wie auf diesem Kontinent üblich, wird eher geklotzt als gekleckert. Und das gilt auch für uns unseren zweijährigen Ford Cutaway Sunseeker 2650. Das Teil hat von allem genügend oder etwas mehr. Uns gefällt's
.

Die Nacht verbringen wir im Hi Country RV Park in Whitehorse.

Dienstag, 27. August 2013

Unsere erste Nacht im Motorhome ist geprägt durch einen tiefen festen Schlaf. Am Morgen lassen wir die Heizung laufen und mit der Temperatur steigt auch die Stimmung. An einem der  Gemeinschaftsgebäuden verdeutlicht ein Plakat die aktuelle Situation ungemein: „There are Bears in the Area. Please be very aware“. Hoppla, doch wir bleiben unbehelligt und rüsten zum Aufbruch.

Nach dem Morgenessen geht’s nochmals zurück zur Vermietstation von Canadream, um einige Mängel am Motorhome zu beheben. Anschliessend komplettieren wir im „Real Canadian Superstore“ in Whitehorse unsere Ausrüstung und dann geht’s los auf dem Alaska Highway in südlicher Richtung. Schon bald biegen wir nach rechts ab und fahren auf dem Klondike Highway über Robinson nach Carcross und dann Richtung Whitepass. Obwohl das Wetter nicht brilliert, entschädigt uns die wechselnde Szenerie mit eindrücklichen Bilder.

In Carcross entscheiden wir Benzin nachzufüllen. Der Tank ist gemäss Anzeige zwar noch halbvoll . Doch sicher ist sicher. Und dann, holy ghost: Da passten locker 104 Liter Benzin rein (Can$ 1.48/Liter). Aber hallo, unser Mobilhome beweist auch beim Tank „Grösse“.

Von wegen Grösse:
Das maximal zulässige Gesamtgewicht unsere Vehikels beträgt stramme 6‘577 kg! Da hätten wir in der alten Welt wohl einige Probleme damit…

Unsere Fahrt Richtung Westen endet am Whitepass. Wir haben auf einen Versicherungsschutz für die USA verzichtet und darum geht’s planmässig wieder zurück. In der Zwischenzeit haben sich einige Wolken verzogen. Das Licht wird noch intensiver und wir fahren mit der Sonne im Rücken bis Teslin (400 Einwohner). Dort übernachten wir im RV-Park neben dem Yukon Motel. Das Mobilphone kann man übrigens easy links liegen lassen. Es gibt kein Netz weit und breit.

Mittwoch, 28. August 2013

Die Nacht in Teslin war noch etwas kühler als in Whitehorse. Die 11 Grad im Motorhome werden aber mit der Heizung schnell vertrieben. Wir üben erstmals die Entsorgung unserer Tanks (Greywater und Blackwater) und staunen, wie einfach und schnell das funktioniert. Der Entsorgungsschlauch verfügt natürlich über entsprechende Dimensionen versteht sich.

Im Postoffice neben dem Yukon Motel besorgen wir Briefmarken. Dem Postbeamten gelingt es mit einer fröhlichen und sympathischen Bedächtigkeit aus der Besorgung ein Erlebnis zu machen. In der Schweiz ist solches schlicht undenkbar.

Dann starten wir unsere nächste Etappe auf dem Alaska Highway. Das Tagesziel heisst  Watson Lake, die Entfernung beträgt 260 km. Gemäss Reiseführer ist „trotz einiger schöner Teilabschnitte alles in allem nicht viel zu sehen“. Dem ist im Grunde nicht zu widersprechen. Aber uns gefällt es alleweil prächtig. Wir studieren unterwegs die bärensicheren Abfallbehälter, fotografieren auf einer Hochebene einen erloschenen Unterwasser-Vulkan (!...), verstehen etwas später dass wir soeben die kontinentale Wasserscheide überquert haben, und bestaunen bald darauf die Rancheria Falls. Diese sind nicht gerade atemberaubend, aber allemal eine schöne Abwechslung.

Watson Lake gilt nach Whitehorse als der wichtigste Verkehrsknotenpunkt im Yukon Territory. Man fragt sich allerdings ernsthaft, wo die 1600 Einwohner wohl alle untergebracht sind.

Einfach zu finden sind die „Watson Lake Sign Posts“. Das ist eine Schildersammlung rund um das Visitor Reception Center, welche auf über 62‘000 angewachsen sein soll. Und es werden ständig mehr. Mit dem ganzen Spass angefangen, haben amerikanische Soldaten 1942 beim Bau des Alaska Highway.  An einem Wegweiser mit mehreren wichtigen Ortsangaben wurden spasseshalber  New York, Chicago und Tokyo dazu gefügt. Ein heimwehkranker GI hat dann zusätzlich seine eigene Tafel mit der Distanz zu seiner Heimatstadt Ilinois angebracht. Seither ist die Dynamik nicht mehr zu bremsen. Es ist eine echte Attraktion, welche zu Recht als „Sign Post Forest“ bezeichnet wird und wir staunen nicht schlecht, was da alles angeschleppt und angebracht wurde.

Wir übernachtet im Downtown R.V. Park Watson Lake. Das ist eine zweckmässige Location mitten im Ort. Dabei stellt sich unverändert die Frage nach den 1‘600 Einwohnern

Donnerstag, 29. August 2013

Wir verlassen Watson Lake und fahren auf dem Alaska Highway zurück bis Junction 37. Hier zweigt der Cassier Highway (oder Highway 37) nach Süden ab. Diese Strecke gilt als eine der letzten wilden Routen durch West-Kanada. Die Gesamtlänge von Watson Lake bis Kitwanga beträgt 744 km. Wenige Kilometer nach Junction 37 überholen wir zwei Velofahrer, welche in die gleiche Richtung pedalen. Wir haben grossen Respekt vor deren Mut und fühlen uns in unserem Motorhome sehr komfortabel aufgehoben.

Die Strecke ist landschaftlich eine Pracht. Das ausgezeichnete Wetter hilft natürlich ungemein. Unsere Nikon wird regelrecht gefordert. Wir stellen uns vor, wie sich hier wohl der Winter anfühlt. Wenige Kilometer später hilft ein Schild am Strassenrand unserer Fantasie auf die Sprünge: „Trucks and vehicle combination over 27‘000 kg must carry tire chains - October 1 to April 30 - NO EXEPTIONS“. Wir haben übrigens auch Ketten dabei – nur für alle Fälle.

Unser Ziel ist Dease Lake, eine kleine Ortschaft mit angeblich 450 Einwohner. Wir übernachten im Dease Lake RV Park. Wir befinden uns in bester Gesellschaft von einigen Amis. Neben deren Wagenpark erscheint  unser Gefährt doch eher klein.

Dank dem verfügbaren WLAN können wir uns im Internet einklinken. Unsere Handies haben seit  einem kurzen Unterbruch in Watson Lake weiterhin permanent Funkpause.

Freitag, 30. August 2013

Wir füllen unseren Tank und ergänzen die Vorräte. Dann geht es weiter auf dem Cassier Highway  südwärts. Das Wetter zeigt sich so vielfältig wie die Landschaft. Immerhin spült der Regen den Mückenfriedhof von der Windschutzscheibe und wir haben wieder klare Sicht nach vorne. Das ist wichtig, denn schon bald begegnen wir den ersten Schwarzbären. Vier an der Zahl. Alle einzeln in einem relativ kurzen Abschnitt von wenigen Kilometern.

Aber nicht nur die Natur ist zu beobachten. Wir verfolgen auf einer Strecke von ca. 40 km die verschiedenen Stadien eines  Hochspannungsleitungsbaus, vom Wald roden bis zu den Leitungsinstallationen in schwindelnder Höhe .

In der Bell II Lodge wollen wir übernachten. Gemäss Sichtkontrolle hat es noch genügend freie Plätze. Im Office erfahren wir allerdings, das alle RV-Standplätze mit Stromanschluss reserviert sind. Wir entscheiden bis zum 160 km entfernten Stewart weiterzufahren. Der nächste Höhepunkt ist darum der Bear Glacier. Ein toller Anblick. Anschliessend geht es talwärts. Die flankierenden Berghänge sind so steil, dass unser GPS teilweise den Empfang verliert. Wir übernachten in Stewart im Rainey Creek Campground. Wir staunen über die spannende Vegetation welche hier dank der intensiven Regenfälle gedeiht. Unserem Tagesbericht bleibt wegen defektem WiFi auf dem Campground der Zugang zum Internet temporär versperrt.

Samstag, 31. August 2013

Wir starten bei leichtem Regen und fahren nach Hyder. Sechs Kilometer nördlich des Ortes besuchen wir den Tongass National Forest. Die Salmon River Road ist unser Ziel, ein Naturschauspiel der besonderen Art. Im Fish Creek schwimmen zwischen Mitte Juli und Anfang September die mächtigen Lachse flussaufwärts. Mit etwas Glück kann man zudem auch Schwarzbären und Grizzlies beim Fischen beobachten. Wir haben Glück und können einen Grizzly über eine kurze Strecke flussaufwärts auf seiner Jagd „begleiten“.

Wir entscheiden unser Glück nicht weiter zu strapazieren und kehren um. Wir haben nämlich Kanada verlassen und  einen Ausflug nach Alaska gemacht. Hyder gehört zu den USA. Unser Grenzübertritt hat soweit aber keine US-Behörden interessiert, da jegliche Verbindung zu anderen Orten von Alaska fehlt. Wir fahren vergnügt zurück. Beim Grenzübertritt retour nach Kanada schlägt aber der strenge Arm der kanadischen Zollkontrolle mit aller Konsequenz zu.Wir werden gestoppt und müssen unsere Pässe vorweisen. Der ausnehmend freundliche Zollbeamte fragt leutselig ob unsere „Bärenjagt“ vom Erfolg gekrönt worden sei und genehmigt ohne weitere Auflagen die Wiedereinreise

In Stewart füllen wir unseren Benzintank. Angesichts der wirklich langen Distanzen zwischen Tankmöglichkeiten (teilweise über 200 km) haben wir es uns zur festen Regel gemacht, bereits bei halbleerem Tank wieder aufzufüllen.

Dann geht die Fahrt auf uns bereits bekannter Strecke zurück bis Meziadin Junction. Hier endet der Highway 37A und es geht wieder auf dem Cassier Highway (Highway 37) südwärts.

Unser Tagesziel ist Kitwanga. Das Ende des Cassier Highways ist erreicht. Sogar ein Mobile-Netz ist wieder verfügbar. Wir stellen fest, dass unsere beiden Handies unbemerkt temporär verstorben sind. Eine sanfte Akku-Wiederbelebungskur hilft aber umgehend, die in den vergangenen Tagen nutzlosen Dinger zu reaktivieren. Die Zivilisation hat uns wieder. Vor uns liegen jedoch hohe Berge und wir sind gespannt auf die nächsten Erlebnisse. Wir übernachten im Cassier RV Park und MonCa wäscht erstmals auf kanadisch Wäsche.

Sonntag, 1. September 2013

Unsere Reise geht auf dem Yellowhead Highway weiter. Die Landschaft hat sich verändert. Anstelle menschenleerer Wildnis sind nun einzelne Farmen und Weideland Zeichen einer relativ erschlosseneren Gegend. Auch Siedlungen und Dörfer nehmen langsam zu. In Hazelton haben wir uns mit der Kultur der „First Nations“ auseinandergesetzt. Hier wird eine Art Freilichtmuseum betrieben, das rekonstruierte ‘Ksan Historical Village (so was wie ein Indianerdorf vom Volk der Gitxsan). Irgendwie ist das aber nicht unser Ding. Das interessante Farbenspiel der verschiedenen Bäume in der Umgebung des Village interessiert fast mehr.

Es geht wieder zurück über eine alte Hängebrücke. Wie bereits mehrfach erlebt, ist auch diese Brücke statt mit einem ordentlichen Belag mit einem massiven Gitterrost ausgestattet. Damit wäre auch der direkte Blick nach unten möglichen, was ich mir wohlweislich erspare

Kurz vor Smithers beziehen wir bereits am frühen Nachmittag unser Nachtlager im Glacier View RV Park und geniessen die Sonne. Und zum ersten Mal auf unserer Reise lassen wir für uns und unsere Wurst die Flammen lodern.

doris rigoni 01.09.2013 21:44

Liebe ms1 und 2,
herzlichen Dank für die tolle Reisebeschreibung. Nächster Kauf: eine Karte von Kanada. Hier in der CH alles ok. Liebste Grüsse Doris und co

MS1+2 02.09.2013 02:43

Liebe Doris
Meine Empfehlung "kanada west" von WMP, Massstab 1: 1'900'000 (reiss- und wasserfest)
Herzliche Grüsse

Neueste Kommentare

23.09 | 00:53

Hallo Kanada, hier Schweiz. Toll was ihr alles erlebt und herzlichen Dank für alle Info. Wann wird das Schild Summerhous in Adliswil angebracht? Viele Grüsse Do

22.09 | 08:17

HALLO SCHWEIZ, LEBT IHR NOCH ...

18.09 | 18:32

In Blairmore ist es noch ärger:
5 Grad, Regen, auf den umliegenden Berghängen ist es weiss..!

18.09 | 08:10

In der Schweiz sei es nass und kühl...?