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Reisetagebuch
Von Dawson Creek bis Claresholm
Montag, 9. September 2013
Unsere Reise hat uns heute
von Dawson Creek nach Grande Prairie geführt und war quasi eine
Überführungsetappe. Unter anderem ist es mir endlich gelungen, bei meiner
Tissot die altersschwache Batterie durch ein junges knackiges Teil zu ersetzen.
Dieser junge Typ macht nun echt Power und jagt die Zahnrädchen unablässig um
die eigene Achse. Nun macht das Zeitablesen wieder Spass und hat zudem wieder
einen echten Informationsgehalt.
Wir befinden uns aktuell in
weitem und eher flachem Farmland und kommen an endlosen Kornfeldern vorbei. Wir
haben übrigens nicht die direkte Route genommen, sondern sind erst ostwärts bis
Rycroft und dann südlich, buchstäblich geradeaus, bis nach Grande Prairie
gefahren. Wir werden laufend neu beeindruckt von den Dimensionen in diesem
Land. Die Nacht verbringen wir im Evergreen Park Camping. Und zur Feier des
Tages haben wir ein anständiges Feuer gemacht (das heisst aus dem Kanadischen übersetzt „mega giga gross“). Das
Fleisch hat die Hitze nicht überstanden und sich freiwillig zum Verzehr
gemeldet. Es wurde von einem feinen Teigwaren-Salat begleitet und uns hat‘s
geschmeckt.
Das Wetter ist weiterhin
blendend und die Benzinpreise sind in diesen Gegenden deutlich tiefer (Can$
1.189/Liter). Wir sind nicht ganz unglücklich, den der Durst unseres Ford E-450
Super Duty ist „leicht höher“ als wir das von unseren eigenen Fahrzeugen
gewohnt sind. Der Verbrauch liegt irgendwo zwischen eher unanständigen 20 und 30 Liter
pro 100 km – je nach Gelände.
Dienstag, 10. September 2013
Unsere Fahrt führt uns heute
über den Bighorn Highway (Nr. 40) von Grande Prairie bis nach Grande Cache.
Dazwischen gibt es auf 133 km keine Tankstelle, keinen Laden und keine
Ortschaft. Die Strasse führt wieder in Berg- und Talmanier unmerklich nach oben.
An der höchsten Stelle erreichen wir bereits 1300 m. Wir nähern uns den Rocky
Mountains.
Uns gibt die erst unspektakuläre
gradlinige gut ausgebaute Strasse Zeit und Gelegenheit über die Grösse von Kanada
zu diskutieren. Es ist mit knapp 10 Millionen km2 nach Russland das zweitgrösste
Land der Erde, mit vergleichsweise nur 34,4 Millionen Einwohnern. Davon leben
90% auf nur einem Fünftel des
Gesamtterritoriums, und dies innerhalb eines etwa 500 km breiten Gürtels entlang der
Grenze zu den USA. Vermutlich werden wir morgen Abend den nördlichen Bereich
dieses Streifens erreichen.
Auf der zweiten
Streckenhälfte wird es wieder kurviger und die Landschaft abwechslungsreicher.
Es gibt jedoch wenige Höhepunkte und so erreichen wir recht früh unser
Tagesziel in Grande Cache. Das ist eine kleine Ortschaft mit 3'800 Einwohnern. Der
wichtigste Erwerbszweig in der Region sind Kohleminen. Wir sind an einer
vorbeigefahren und haben in erster Linie über die Dimensionen gestaunt. Wir
übernachten im Grande Gache Municipal Campground und werden von einem
kanadischen Eichhörnchen begrüsst.
Mittwoch, 11. September 2013
Wir sind am Morgen kaum
gestartet, kommen wir um einen ersten Fotohalt am Gand Cache Lake nicht herum.
Es ist zu schön und da vorbei zu fahren. Der Big Horn Highway führt uns weiter
langsam bergaufwärts. Wir haben mit etwas über 1‘500 m einen neuen "Höhenrekord"
erreicht und passieren – wie auf der ganzen Tour schon – mehr oder weniger
regelmässig Baustellen, werden aber in unserem Vorwärtsdrang nicht wesentlich
gestört.
Am Kelley’s Bathtub/Jarvis
Lake machen wir einen Seerundgang. Die Farben sind prächtig und die Sonne strahlt.
Im Visitor Center gleich nebenan besorgen wir uns Informationen und Unterlagen.
Nächster Zielpunkt ist der Athabasca
Lookout. „Bei gutem Wetter eröffnet sich ein wundervoller Blick auf die
Rocky Mountains“ schwärmt einer unserer Reiseführer. Man muss aber etwas Zeit
investieren. Im Visitor Center haben wir etwas von einer halben Stunde je Hin-
und Rückweg gehört. Das machen wir. Wir montieren unsere Trekking-Schuhe und vorwärts
geht es. Der Track ist nicht gut markiert. Wir verlieren ihn und finden uns in
einer schmalen Ski-/ und
Snowboard-Abfahrt (jedoch ohne Schnee) wieder, welche uns aufwärts durch den
Wald führt.
Nach einer halben Stunde eröffnet
sich uns eine prächtige Sicht Richtung Rockies. Das war zudem ein willkommenes
Training und wir genehmigen uns einen Schluck Mineralwasser. Bei Rückweg ändern
wir unsere Route leicht, finden aber unser Motorhome trotzdem wieder und fahren
bis Hinton, wo wir etwas westlich ausserhalb auf dem Hinton/Jasper KOA
übernachten.
Donnerstag, 12. September 2013
Im Visitor Center in Taylor
hat uns die gesprächige Dame darauf hingewiesen, dass es sich sehr lohne, recht
früh in Jasper anzukommen. Die guten Plätze auf den Campgrounds seien schnell
besetzt. Eine telefonische Vorbestellung gestern Abend hat nicht funktioniert,
da alles was vorbestellbar ist, bereits gebucht war. Also „relativ“ früh aus
den Federn und los geht‘s. Erst mal wird eine Gebühr fällig von knapp CAN$ 20.00 pro Tag (für Jasper und
Banff National Park). Wir kaufen mal drei Tage, kleben auf Geheiss eine
entsprechende Bestätigung an die Windschutzscheibe („Driver side“!) und fahren
weiter. MonCa lässt die Nikon klicken, wie wenn das Fotografieren in wenigen
Minuten verboten wird. Ich verstehe sie, weise aber darauf hin, dass unser
Engadin auch sehr schön sei. Sie lässt das aber nicht recht gelten und reicht
mir die Kamera, damit ich die Tiere auf der Strasse auf meiner Seite fotografieren
kann. Das müssen wohl kanadische Gemsen oder so sein (Identifikation noch
pendent).
Bald erreichen wir Jasper. Auf dem Whistler’s Campground sind
tatsächlich alle Plätze mit Power bereits besetzt oder reserviert. Wir
probieren es im Wapiti Campground und werden fündig. Wir reservieren einen
Platz quasi in der ersten Reihe, erwerben für CAN$ 8.80 zusätzlich noch ein
Fire Permit und haben für unser Nachtlager schon die ganze Administration erledigt.
Nun touren wir durch
den Jasper Nationalpark. Erst durch die
Ortschaft selber. Natürlich zu Fuss. Und dann geht’s weiter zum Pyramid Lake
und Patricia Lake. Es folgt ein kurzes Training mit Trekkingschuhen im Maligne
Canyon bevor wir noch den Medicine Lake und den Maligne Lake besuchen. Auf der
Rückfahrt geht es tierisch zu und her. Zuerst begrüssen wir Bär acht bis elf,
genauer eine Bärenmutter mit drei Jungbären und etwas später steht ein
Schwarzwedelhirsch vor dem Objektiv.
MonCa ist völlig hingerissen und ich verweise erneut auf die Naturschönheiten von
unserem wunderbaren Engadin. Mit einer ganzen Bärenfamilie kann dieses
allerdings tatsächlich nicht mithalten und das wird mir nun natürlich
genüsslich unter die Nase gerieben. Ich kontere geschickt mit einem aussagekräftigen
Schweigen und fahre zurück zum Campground.
Auf Platz AA1 im Wapitit
geht dann alles ruck zuck zack zack. Nur drei kleine Bierchen und eine Stunde später
ist die Glut für unser Nachtessen bereit. Nach dem Nachtessen gewinne ich für
ein einziges Mal seit Menschengedenken im Yatzy und wir planen unsere
Aktivitäten für Freitag den Dreizehnten.
Freitag, 13. September 2013
Wir verbreiten
Ferienstimmung und faulenzen bis alle Kollegen links und rechts bereits auf
Achse sind. Da wir für zwei Tage gebucht haben, gilt die ordentliche Check-out
time für uns nicht. High noon ist darum schon Geschichte bis wir los tuckern.
Erste Station ist nochmals Jasper selber. Nur schauen. Ausgiebig, versteht
sich. Aber nur schauen. Ja, ja…
Moni sieht seither ein ganz klein wenig wie ein Indianer aus und heisst darum per sofort MonCa. Das heisst im hiesigen Indiander Dialekt soviel wie "Die mit dem Kanadier schäkert".
Anschliessend fahren wir auf
dem Yellow Head Highway westwärts über den Yellow Head Pass, vorbei am Yellow
Head Mountain in Richtung Yellow Head Cache. Ziel ist der Mount Robson
Provincial Park. Der beherbergt mit dem Mount Robson (3954 m) den höchsten
Gipfel der kanadischen Rockies. Unterwegs überholen wir einen kanadischen
Güterzug der rechts mit einiger Distanz neben uns unterwegs ist. Wir haben
Glück, anfangs Moose Lake wechselt der Zug auf die linke Seite. Wir halten an
und kurz darauf passiert uns der Zug in gemächlichem Tempo. Der Lokführer freut
sich dass er fotografiert wird und lässt sein lautes Hupsignal ertönen. Zwei
Dieselloks sind an der Spitze und ich beginne mit Zählen. Nach 100 Wagen folgt
eine weitere Diesellok und dann weitere 75 Wagen. Eben kanadisch lang. Ein wunderbares
Bild. Noch schöner – zugegeben – ist dann der Ausblick von Visitor Centre auf
den Mount Robson. Der Vollständigkeit halber sei doch nochmals das prächtige
Sommerwetter erwähnt. Gemäss den kanadischen Wetterpropheten soll das noch bis
Sonntag so bleiben. Uns ist das mehr als recht. Wir gondeln quietsch vergnügt
zurück und geniessen für heute die letzten Sonnenstrahlen.
Samstag, 14. September 2013
Nun folgt ein ganz
besonderes Streckenstück. Der Icefields Parkway, gemäss Reiseführer die
„Traumstrasse auf dem Rückgrat der Rocky Mountains“. Total sind das 289
ausserordentlich kurzweilige Kilometer von Jasper bis Banff. Seen, Gletscher,
Berggipfel, Wasserfälle, Wälder und alles in kanadischen Dimensionen. Viel,
gross, mächtig, vor allem aber traumhaft schön, kanadisch schön.
Zwischen dem Bow Summit
(2088 m) und dem Sunwapta Pass (2030 m) liegt das Columbia Icefield Centre. In
Sichtweite liegt „lediglich“ der Althabasca Glacier, zu welchem die Touristen
per Bus geschaufelt werden. Das Columbia Icefield selber hat eine Ausdehnung
von über 300 km2 und eine durchschnittliche Eisdicke von 300 m und ist von hier
aus nicht sichtbar. Einer der abfliessenden Gletscher ist eben der Althabasca
Glacier. Im Columbia Icefield Centre hat es uns zu viel Tourismus und wir
fahren bald weiter. Auf dem Sunwapta Pass werden dann allerdings die
Trekkingschuhe montiert. Es folgt ein kurzes Höhentraining, zum Peyto Lake
Viewpoint. Der Blick auf den Peyto Lake mit seiner intensiven türkisblauen
Färbung ist grandios. Wir hängen noch einige Höhenmeter an und erleben die sich
rasch ändernde Vegetation bis zum Erreichen der Baumgrenze. Die anschliessende Fahrt führt uns bis Lake Louise. Wir
übernachten im Lake Luise Campground. Um den Zeltbereich auf diesem Campground
wurde ein elektrischer Zaun zum Schutz vor Bären installiert. Die Motorhomes auf
einem separaten Platzteil brauchen diese Einrichtung nicht. Wir erhalten aber
ein Merkblatt mit Verhaltensregeln. Die Wahrscheinlichkeit dass allerdings
tatsächlich ein Bär oder anderes grösseres Tier auf dem Campground auftaucht,
wird als sehr gering bezeichnet.
Sehr real ist hingegen das
Bahngeleise, welches unmittelbar neben uns vorbeiführt. Und der Lokführer in
seiner Diesellok lässt auch zu später Stunde sein lautes Hupsignal ertönen, obwohl
wir ihn gar nicht fotografieren…
Sonntag, 15. September 2013
Manchmal muss man das Wetter
nehmen wie es ist. Und es ist einfach blendend. Warm, fast heiss und praktisch
wolkenlos. Und da heute Sonntag ist, haben sich wohl alle, aber wirklich alle
Kanadier entschlossen, Lake Louise und die nähere Umgebung zu besuchen. Wir
machen zwei, drei Versuche unser Tagesprogramm umzusetzen, müssen aber wegen
akutem Platzmangel jeweils umkehren und entscheiden dann relativ emotionslos,
diese Umgebung zu verlassen. In Banff ist es allerdings kaum besser. Einfach zu
viel Personal.
Wir steuern darum Richtung Süden und verlassen den Nationalpark.
Wir wählen eine Route durch die Berge über den Highwood Pass (2206 m). Kurz
nach der Abzweigung vermeldet eine Tafel, dass diese Strecke in ca. 50 km
gesperrt sei. Also heute lassen die uns aber nicht wie wir wollen. Ok, wir sind
ja flexibel und darum steuern wir halt durch die Prärie Richtung Cowboy Trail
und suchen nach einem geeigneten Platz wo wir unsere Wagenburg aufstellen
können. Der erste Campground vermeldet beim Eingang relativ banal „closed“.
Jänu, der sollte zwar noch bis Ende Oktober offen sein. Achselnzuckend suchen
wir halt eine weitere Variante. Wir
wechseln zum Highway 2 und schon bald stehen wir vor der zweiten Wahl. Und -
jawohl, erneut vor geschlossenen Toren: „Closed until further notice“. Wir
lieben die Kanadier ganz spontan nicht mehr so intensiv wie auch schon und
fahren weiter auf dem Highway 2 nach Süden.
In Stavely werden wir schliesslich
fündig. Ein unbedienter Platz mit allerdings nur dürftigen Einrichtungen. Wir
entscheiden weiter gegen Süden zu reiten – äh zu fahren. In Claresholm passt
alles, aber das WiFi funktioniert leider noch nicht wieder. Wie bitte? Und dank
den Erklärungen der Platzchefin wird nun auch uns alles klar. Die ganze Gegend
war im Juni infolge intensiver Regenfälle in den Rock Mountains überflutet mit
teilweisem Totalausfall der ganzen Infrastruktur. Wir tragen unsere Nase ab
sofort wieder ein kleines Stück tiefer und lieben die Kanadier wie eh und jeh.
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